Da war mal so ein Sieb.
Anfangs eher so ein kleines Teesieb. Aber schon so richtig mit kleinen Löchern und Haltegriff. Edel anzusehen, deshalb aus Edelstahl.
Freudig folgte es seiner Bestimmung, nämlich zu sieben.
Es siebte alles, was ihr so in die Quere kam. Meinungen, Überzeugungen, Probleme, Glück, Trauer, große Reden, kleine Reden und so weiter und so fort.
Die Jahre vergingen. Aus dem kleinen Sieb wurde ein großes Sieb. Das sieben ging dem Sieb in Fleisch und Blut über, es musste gar nicht mehr darüber nachdenken.
Einige Jahre hatte es nun schon auf dem Buckel, bzw in der Beulung und irgendwann stellte dass Sieb fest, dass es irgendwie nicht mehr flutschte.
Es hatte plötzlich kleine Wehwehchen und überhaupt schien nichts in Ordnung zu sein.
Es verging in Selbstmitleid und als das nichts mehr nutzte, fing es an zu forschen. Es las Bücher, es sprach mit den verschiedensten Experten, es hörte Meinungen und Expertisen.
Doch es wurde nur schlimmer.
Da legte es sich hin zum Sterben. Ins Gras. An Ihrem Lieblingsort. Direkt unter der Trauerweide.
Und als es da so lag, ich weiß nicht genau wie lange, zwei oder drei Jahre vielleicht. Da kam plötzlich ein heftiger Sturm auf. Begleitet von Donner, Blitz und außergewöhnlich intensivem Regen.
Ach wusch der Sturm ihr den Kopf.
Als nach einiger Zeit die Sonne wieder hervor kam, blinzelte das Sieb in die Strahlen und erschrak erstmal. Was war das für ein Gefühl?
So klar? So rein? So durchlässig?
Schlagartig wusste sie, dass etwas anders war. Es fühlte sich wieder gut!
Das Sieb siebte wieder. Besser als je zuvor. Und es hatte etwas sehr Wichtiges gelernt:
Wenn du verstopft bist, dann geh in den Regen und lasse dich mal wieder ordentlich durchputzen.
Text: Petra Höberl
Bild: pixabay