Der alte Mann saß am Küchentisch und schälte sich einen Apfel.
Draußen ging die Sonne gerade auf. Lautlose Schönheit, rot, goldene Strahlen, begleitet vom Zwitschern einiger frecher Spatzen.
Er trug die Schalen und die Kerne vor die Tür. Ein Leckerbissen für so manches Tier.
So ein ruhiges, beschauliches Leben, hatte er nicht immer gehabt. Er hatte gelernt, die Vergangenheit nicht in die Gegenwart zu holen, doch heute schien eine Ausnahme zu sein und so gestattete er sich eine Rückschau.
Er sah sich selbst, als Jungspund. Voller Elan und Tatendrang. Bereit, die Welt zu erobern. Die Frauen, Arbeit, Alkohol.
Er sah sich rebellieren, revoltieren. Und er sah die Vergeblichkeit seiner Bemühungen.
Er sah die Müdigkeit, den Schmerz, das Leid. Kinder, groß geworden. Allein.
Damals hatte er es gefunden. Im Alleinsein. Da wusste er plötzlich, dass er sein eigenes Licht ist. Sein eigener Richter, sein eigener Anwalt, sein eigener Gefährte.
Er hatte den Mut besessen, für seine eigene Wahrheit einzustehen. Geradezustehen.
Leicht hatte er es sich nicht gemacht. Immer wieder hatte er es überprüft. Die Vergangenheit sterben lassen. Jeden Tag neu.
Und Freiheit gefunden.
Zufrieden schloss er für immer seine Augen.
Text: Petra Höberl
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