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Sie saßen im Auto. Die Mutter mit ihren Zwillingen. Einer der beiden, der ruhigere, sprach plötzlich aus, was die beiden, wohl schon länger, bedrückte.
„Wir haben solche Angst, Mama. Was ist, wenn er stirbt? Dann sind wir Schuld!“
Die Mutter schluckte gerührt. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie fuhr an den nächsten Parkplatz.
Während ihre Worte sich im Kopf sortierten, zogen die letzten Jahre an ihr vorüber.
Die Geburt der Zwillinge. Was für eine Freude. Die beiden waren von Anfang an, einfach wundervolle Menschen. Äußerlich sahen sie fast gleich aus, doch sie waren verschieden wie Tag und Nacht.
Der eine war sehr lebhaft und hatte immer Streiche im Kopf. Er war impulsiv, aber auch äußerst charmant. Der andere war ruhig und besonnen. Nichts schien ihn aus der Ruhe zu bringen.
Obwohl sie so verschieden waren, ergänzten sich die beiden auf eine perfekte absolut harmonische Weise. Sie verkörperten Yin und Yang. Und sie waren Genies.
Ein paar Jahre später, kam ein Nachzügler auf die Welt. Die ganze Familie hatte viel Freude mit ihm. Es schien, als wäre dieses Kind, nicht von dieser Welt. Es war immer fröhlich und es hatte eine sehr friedliche Ausstrahlung. In seiner Nähe wurde man ruhig und gelassen.
Die Zwillinge spielten viel mit diesem Sonnenschein. Als es aufkam, dass er an einer unheilbaren Krankheit litt, die ihm nach und nach alle Sinne nehmen würde, wichen sie nicht mehr von seiner Seite. Sie erfanden Spiele und Experimente. Sie studierten ihn quasi. Doch auf eine sehr respektvolle Art.
Wie schon erwähnt, waren die beiden Genies. Sie forschten und experimentierten. Beschäftigten sich mit Pflanzen und Verhaltenstherapien.
Die Mutter kannte sich mit derartigen Dingen zu wenig aus, doch irgendwann, hatten die beiden wohl einen Durchbruch.
Ja, und nun waren sie auf dem Weg, zu einem Wissenschaftssymposium. Wo genau diese Entdeckung vorgestellt wurde, damit andere Wissenschaftler diese Idee aufnehmen konnten. Sie war so stolz auf ihre beiden Söhne.
Sie drehte sich zu ihnen um, und erwiderte voller Liebe:
„Ihr könnt überhaupt nichts falsch machen. Denn eure Absicht ist ohne List. Den Tod gibt es nicht. Wir sind alle viel mehr als unsere Körper, und unser Bewusstsein existiert ewig. Ohne Anfang, ohne Ende. Habt Vertrauen in euch! Ich bin mir sicher, dass er nur aus diesem Grund zu uns kam. Um euch zu diesem Schaffen zu inspirieren.“
Ich weiß es nicht, ob das Mittel geholfen hat. Ob er nun starb, oder nicht. Doch die Selbstlosigkeit, mit der die Zwillinge ihr Leben ihrem Bruder unterordneten, die beeindruckte mich stark. Sie erfüllt mich immer noch.
Text: Petra Höberl
Bild : pixabay