Noch 5 km.
Er hätte nicht gedacht, daß das so zehrend ist.
Nicht kräftezehrend. Er ist sportlich und durchtrainiert.
Es zehrt eher an der Substanz.
Erstaunlich, was ihm dabei für Gedanken durch den Kopf gehen.
Noch ein Ruderschlag und noch einer.
Bilder blitzen auf. Italien. Sein Traumland.
Monotones Rudern. Er hört sie schreien. Immer schreit sie.
Sie soll aufhören damit.
Diese Einsamkeit macht ihn ganz kirre im Kopf. Nichts lenkt ihn ab. Es existiert nur das Ruder und er.
Das Lieblingslied von seinem Vater kommt ihm in den Sinn. Es macht ihn melancholisch.
Noch 4 km.
Hat es noch Bier zuhause? Ein unwiderstehlicher Drang danach überfällt ihn.
Durchhalten!
Ich rudere um mein Leben. Schwaches grinsen.
Parolen und Schreie. Die Welt ist am Arsch.
Ruderschlag um Ruderschlag.
Seine Frau. Ist sie das noch? Er hört seinen kleinen Sohn schreien. Stolz erfüllt ihn.
Stille. Einsamkeit.
Diese verdammte Stille.
Und immer die Schreie im Kopf.
Der Vater schreit, die Mutter schreit, alle schreien. Sein Sohn, seine Frau.
Laut schreit er nun in die Welt hinaus. Diesen tiefen Schmerz. Immer nur Schmerz.
Er ist angekommen.
Tief befriedigt steigt er vom Rudergerät herunter und wischt sich die Stirn.
Pfeifend verschwindet er im Duschraum.
Text: Petra Höberl
Bild: pixabay