Der Ausdruck Abhiman wird erstmals in den sanskritischen Veden erwähnt und ist heute noch ein Bestandteil der indischen Gefühlswelt. Man kann es eigentlich nicht mit nur einem Wort übersetzen, am ehesten noch mit Selbststolz. Im Wort „balam“ das darin klingt, findet man aber auch noch die Stärke, die in uns innewohnt. So könnte man sagen es ist auch der Schmerz und die Wut, die in uns aufkommen, wenn uns eine Person verletzt, die wir lieben oder von der wir erwarten, dass sie uns freundlich behandelt.
In Indien gibt es dazu eine kleine Geschichte:
Shasti(Die Bestrafung), von Rabindranath Tagore:
Chandara lebt in bitterer Armut zusammen mit ihrem geliebten Mann, dessen Bruder und der unglücklichen, stets jammernden Frau des Bruders zusammen in einem Haus. Als Chandaras Schwager unbeabsichtigt seine Frau tötet und die Polizei kommt, gerät Chandaras Mann in Panik. Um seinen Bruder zu retten, bezichtigt er Chandara des Mordes. Das ist nicht nur ein Verrat an ihrer Liebe, sondern auch an Chandaras Rolle als Ehefrau, und das verletzt sie zutiefst. Sie richtet sich auf. Erstarrt vor kaltem und unversöhnlichem Groll gesteht sie den Mord und lässt sich stumm ins Gefängnis abführen.
Tagore schreibt, dass das Motiv für ihr Handeln ihr Abhiman sei.
Als Chandaras Hinrichtung näher rückt, bereut ihr Mann, was er getan hat, und versucht rettend einzugreifen, aber ihre innere Wunde brennt noch zu stark. Sie weigert sich ihn anzusehen, als sie zum Galgen hochsteigt.
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Ich habe mir lange Gedanken darüber gemacht und bin zu der Meinung gekommen, dass Abhiman etwas ganz anderes sein muss. In dieser Geschichte kommen zuviele andere Gefühle zum Ausdruck. Das verwässert den Abhiman. Die Stärke, die in uns innewohnt, ist tatsächlich das, wofür wir brennen. Dafür nehmen wir den Schmerz und die Wut in kauf, würden uns geliebte Personen verraten. Chandara brannte vorher nicht, sie lebte in Armut ihr Leben und kämpfte wahrscheinlich um ihre blosse Existenz. Da hat man keine Zeit zum brennen. Als ihr Mann sie verraten hat, nahm er ihr das letzte das sie scheinbar hatte, auch noch weg.
Erst dann fing sie an zu brennen. Ja, sie entwickelte Abhiman, in dem Moment, nur scheint es mir, liess sie zuviele andere Gefühle mit einfliessen. Ist auch völlig nachvollziehbar, doch es beschreibt mir den Selbststolz nicht.
So ist Abhiman dieses für mich:
Ich erkenne mich selbst, meinen Kern, den ich voller Stolz behüte und achte. Niemand kann diesen verraten. Selbst wenn es jemand versucht, bin ich wohl wütend und traurig, doch mein Kern ist Abhiman. Es ist mein innerstes Wesen. Selbstachtung ist die Handlung die ich unternehme um es zu beschützen. Beides bedingt sich natürlicherweise.
Stolz hat heutzutage eine negative Behaftung, was durchaus stimmt, wenn man seinen Kern nicht erkennt. Denn dann fliessen viele Egos in mich. Aber wenn man sich wirklich und wahrhaftig selbst erkennt, dann ist es rein. Dann ist es einfach.
Und dann brennst du richtig.